Komischerweise sind heute alle ziemlich früh wach. May ist natürlich die erste, aber selbst unsere Langschläferin Leia ist schon um 07:30 ausgeschlafen. Nur Mama müssen wir aus dem Bett scheuchen. Wir wollen ja unseren Tag in Christchurch nutzen.

Unsere Wohnung ist wirklich nur 800m vom Stadtzentrum entfernt. Also machen wir uns zu Fuss auf in die Stadt. Während wir uns dem Stadtzentrum nähern, fallen uns die vielen leeren freien Flächen auf. Zunächst denken wir uns nichts dabei. Viele grosse Gebäudeflächen sind mit Streetart verziert.

Am Cathedral Square, dem eigentlichen Stadtzentrum, begegnen uns weitere Bauzäune und eine Überraschung.
An dieser Stelle sind wir vor 14 Jahren schon einmal gewesen. Damals stand die Kathedrale noch. Heute sieht sie so aus und zum Vergleich ein Bild aus dem Internet wie sie vorher aussah.

Bei dem Erdbeben 2011 ist zunächst der Turm eingefallen, bei einem Nachbeben dann die gesamte Vorderfront. Ein Einheimischer erzählt uns, dass sich die Stadtverwaltung nach 6 Jahren endlich darauf verständigt hat, die Kathedrale wieder aufzubauen. Allerdings weiss keiner wann und wer es denn eigentlich bezahlen soll. An der Kathedrale ist seit dem Zusammenbruch bis heute nichts verändert worden.

Viele Gebäude um diesen zentralen Platz weisen auch viele Jahre nach dem Erdbeben schwere Schäden auf. Ganze Hochhäuser wurden hier abgerissen. Die Neubauten sind natürlich alle erdbebensicher. Allerdings mit einem enormen Aufwand, beispielsweise ist das Gebäude der ANZ Bank fünft Stockwerke hoch. Die notwendige Sicherung im Boden ist aber fünf Stockwerke tief! Daher stehen viele Flächen mitten im Stadtzentrum leer und man sucht Investoren, die dort wieder etwas bauen wollen.

 

Wir verbringen eine kleine Pause mit Schachspielen an diesem ursprünglich sehr lebendigen zentralen Platz.

Dann nehmen wir die Tram um eine Stadtrundfahrt zu machen. Witzigerweise fahren wir mit exakt demselben Tram-Wagen, mit dem wir auf unserer Hochzeitsreise 2003 gefahren sind. Das glauben uns die Kinder zunächst nicht einmal. Wir fahren vorbei ein verschiedenen Denkmälern der Stadt und geniessen die Fahrt.

Bei dieser Rundfahrt kommen wir auch an Kriegsgräbern vorbei. Das ist doppelt bedeutsam für uns, erstens ist in dieser Woche der Anzac Day, der an die gefallenen Soldaten erinnert und zweitens waren wir ja in der Gallipolli Ausstellung. An jedem der unten abgebildeten Kreuze ist eine „Poppi-Flower“ angebracht worden als Erinnerung. Es sind mehr als 4700 Kreuze …

Am Visitor Centre am Ende der Worcester Road steigen wir aus und machen bei herrlichem Wetter eine Eis-Mittags-Pause.

Danach vertreten wir uns die Beine in dem wunderschönen Botanischen Garten. Bei dem Herbstwetter wirken die Farben ganz besonders toll.

Indra und Kathin (siehe Blogpost vom 14. Februar) haben uns eine Legasthenie-Ausstellung empfohlen. May hat ja damit zu kämpfen und deswegen schauen wir uns diese „Outdoor“-Installation auch noch an. Das rundet unseren Spaziergang ganz hervorragend ab.

Dann wollen wir zur Regent Street fahren. Wir nehmen wieder die Tram und erwischen erneut exakt unsere Nummer 11, mit der wir gestartet sind. Der Fahrer erinnert sich sogar an uns und diesmal gehört der Wagen uns alleine. Auf der Fahrt durch die Stadt werden wir weiterhin an jeder Ecke an das Erdbeben erinnert. Ein sehr alter Pickup weckt unsere Aufmerksamkeit, er steht direkt vor dem Quake Haus, welches eine Dauerausstellung über das „Quake“ enthält, was auch sonst.

 

Die Regentstreet ist eine architektonisch sehr eindrucksvolle Strasse und da die Tram hier mitten durchfährt, sieht es einfach urig aus. Hier gibt es genug zu Essen und so findet jeder von uns etwas was ihm schmeckt.

Danach gehen wir auf den „größten“ Spielplatz der südlichen Hemisphere, behauptet zumindest der Tramfahrer. Die Kinder können sich hier austoben, bevor wir uns zur Cardboard Cathedral aufmachen. Dabei durchqueren wir den Park und entdecken das Kunstwerk „Spires“

Dies ist die „Ersatz“-Kirche, die nach dem Zusammensturz der alten (s.o.) innerhalb von nur 2 Jahren gebaut wurde. Verantwortlich war Shigeru Ban, ein Architekt aus Japan, der bereits in Kobe „Reparatur“-Bauten verantwortet hat. Diese nagelneue Kathedrale aus Cardboard (= Pappe) ist aber nicht minder beeindruckend.

Damit beenden wir unseren Stadtrundgang und machen uns auf den Weg zur Wohnung.
Von dort fahren wir mit dem Auto zur „Gondola“ auf den Mount Cavendish. Die Seilbahnfahrt bringt uns auf fast 1000m Höhe und wir haben eine Panorama Blick auf Christchurch und auf den Hafen von Lyttleton. Der Hafen ist insoweit interessant, weil von hier aus die Antarktis Expeditionen von Shackelton und Scott gestartet sind.

Nachdem wir uns hier oben sattgesehen haben fahren wir mit dem Auto noch nach Lyttleton und erledigen ein paar Einkäufe. Manuela findet Orte und Plätze aus ihrem aktuell gelesenem Buch und kann kaum glauben, dass es diese tatsächlich gibt.

Der Tag endet mit einem schnellen Abendessen und einem Filmabend, bevor wir nach diesem wirklichen vollen Tag müde ins Bett fallen. Anstrengend war der Tag komischerweise aber nicht. Er war nur „ereignisreich“. Bis morgen.